Heute mal ein ganz dickes Lob an das Jugendamt Villingen-Schwenningen.
Das Jugendamt Villingen Schwenningen hat eine interne Empfehlung zum Thema Corona erarbeitet und auch an etliche betroffene Eltern gesendet. Es gibt sicherlich zahlreiche Jugendämter die sich in den letzten Jahren nicht gerade durch mutiges Agieren ausgezeichnet haben. Vielmehr ist es so das wir häufig von Jugendämtern nur negatives gehört hatte. (Siehe auch unser Artikel „Beschwerde über das Jugendamt“ mit über 150 Kommentaren)
Umso schöner ist es wenn die Jugendamtsmitarbeiter des Landratsamtes Schwarzwald Baar-Kreis in Villingen-Schwenningen sich hier die Zeit genommen haben und eine Empfehlung geschrieben haben.
Liebes Jugendamt Villingen-Schwenningen, damit seid Ihr ein absolutes Vorzeigejugendamt und alle anderen Jugendämter in Deutschland können sich mal ein Beispiel an Eurem Jugendamt nehmen.
Da es sich bei dieser erarbeitet Empfehlung ja um eine Empfehlung im öffentlichen Interesse handelt, die auch entsprechend viele Eltern erreichen soll, gehen wir davon aus das diese erarbeitete Empfehlung auch öffentlich gemacht werden kann.
Wie immer sind natürlich auch hier entsprechende Diskussionen zugelassen.
Jugendamt Villingen Schwenningen Empfehlung zu Corona:
Frage 1: Können Umgangskontakte mit dem getrennt lebenden Elternteil stattfinden?
Steht der umgangsberechtigte Elternteil oder das Kind selbst unter vom Gesundheitsamt angeordneter häuslicher Quarantäne, scheidet ein Umgangskontakt grundsätzlich aus. Denn Personen, die unter häuslicher Quarantäne stehen, dürfen das Haus nicht verlassen. Dies gilt auch, wenn der Umgang gerichtlich angeordnet ist bzw. eine elterliche Umgangsvereinbarung gerichtlich gebilligt wurde. Der gerichtliche Beschluss wird insoweit von der Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts überlagert. Ordnungsmittel zur Durchsetzung des Umgangs dürfen nicht verhängt werden, denn der Betreuungselternteil hat den Ausfall des Umgangs nicht zu vertreten (§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG). Alternative Kontakte – per Telefon, Skype etc – sind aber natürlich möglich.
Begeben sich der Umgangselternteil oder das Kind und der betreuende Elternteil in freiwillige Quarantäne, sollte zwischen den Beteiligten möglichst einvernehmlich abgestimmt werden, welche Auswirkungen die freiwillige Quarantäne auf die Umgangskontakte hat. Beim umgangsberechtigten Elternteil kann für Verständnis für die freiwillige Quarantäne damit geworben werden, dass die Quarantäne ja „nur“ 14 Tage beträgt und damit nicht länger als zB eine Urlaubsreise ist. Außerdem kann angeboten werden, dass der Umgang nach Ablauf der Quarantäne nachgeholt wird. Im Konfliktfall wird es darauf ankommen, ob der betreuende Elternteil oder das Kind nachvollziehbare Gründe für den Wunsch nach Aussetzung der Umgangskontakte hat, etwa dass das Kind mit einer besonders gefährdeten Person in einem Haushalt lebt oder der Umgangselternteil mit zahlreichen weiteren Menschen engen Kontakt hat. Nicht gerechtfertigt ist ein Aussetzen der Umgangskontakte, wenn die Coronasituation nur vorgeschoben wird, um die ohnehin nicht gewünschten Umgangskontakte zu vermeiden.
Die Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Länder stehen einer Wahrnehmung der Umgangskontakte nicht entgegen. Die Verordnungen bzw. Allgemeinverfügungen sehen vor, dass physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zum eignen Hausstand gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren sind. Angesichts der Bedeutung von Umgangskontakten für die Eltern-Kind-Beziehung sind diese grundsätzlich zum „absolut nötigen Kontaktminimum“ zu zählen. Einzelne Verordnungen sehen entsprechend vor, dass ein Verlassen der Wohnung zur Wahrnehmung des Sorgerechts oder Umgangsrechts im jeweiligen privaten Bereich zulässig ist (§ 14 Abs. 3d Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin vom 22.3.2020).
Auch in Bayern, wo eine vorläufige Ausgangssperre erlassen ist, ist das Verlassen der eigenen Wohnung aus triftigen Gründen erlaubt. Da die Aufzählung der triftigen Gründe in der Verordnung nicht abschließend ist („insbesondere“) kann – gerade wenn aus Kindeswohlgesichtspunkten ein längeres Aussetzen der Umgangskontakte ausscheidet, ein triftiger Grund vorliegen. Allerdings muss der Kontakt innerhalb der Wohnung stattfinden, da Sport und Bewegung an der frischen Lust nur alleine bzw. mit Angehörigen des eigenen Hausstands erlaubt ist (Ziff. 5g der bayrischen Allgemeinverfügung).
Frage 2: Kann das Wechselmodell trotz Kontaktsperre weiterhin praktiziert werden?
Wird ein Kind, das paritätisch von seinen Eltern betreut wird, vom Gesundheitsamt unter häusliche Quarantäne gestellt, stellt sich die Frage, ob das Kind zwingend in dem Haushalt des Elternteils verbleiben muss, bei dem es sich gerade aufhält. Es ließe sich argumentieren, dass das Kind ja gerade zwei Haushalte habe und daher noch wechseln könne. In den Hinweisen der Gesundheitsämter werden Personen, die unter Quarantäne stehen, aufgefordert, keine Besuche von anderen Personen zu empfangen und ihnen ist das Verlassen des Hauses/der Wohnung untersagt. Dies spricht dafür, dass ein Wechsel zwischen zwei Haushalten ausgeschlossen ist. Es entspricht dem Schutzzweck des § 30 IfSG, nämlich Kontakte weitestgehend zu vermeiden, den Begriff der häuslichen Quarantäne möglichst eng zu fassen. Da die Quarantäne üblicherweise 14 Tage nicht überschreitet, erscheint die Dauer des Aussetzens der Wechsel – der ja nicht länger als eine Sommerferienreise ist – auch zumutbar.
Schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn sich der Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält, gerne mit dem Kind in freiwillige Quarantäne begeben und den Wechsel zunächst oder sogar bis zur Aufhebung der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen aussetzen möchte. Dies kann er grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil tun. Eltern, die ihre Kinder im Wechselmodell betreuen, sind in der Regel gemeinsam sorgeberechtigt, sie müssen in Fragen des Betreuungsmodells bzw. des Aufenthalts daher einvernehmliche Lösungen finden und dürfen nicht einseitig vom vereinbarten Modell abweichen (§ 1687 Abs. 1. S. 1 BGB).
Die Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Länder stehen nach Auffassung des Instituts einer Fortsetzung des Wechselmodells nicht entgegen. Die Verordnungen bzw. Allgemeinverfügungen sehen vor, dass physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zum eignen Hausstand gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren sind. Der Begriff des „Hausstands“ ist in den Verordnungen nicht näher definiert. Das Wohnraumförderungsgesetz oder das SGB II stellen auf eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ab. Davon ausgehend gehört das Kind zu beiden Hausständen, mit der Folge, dass das Wechselmodell fortgesetzt werden kann und die Kontakte zu den jeweiligen Haushaltsmitgliedern erlaubt sind. Eine andere Einschätzung ergäbe sich selbst dann nicht, wenn unter „Hausstand“ iSd Verordnungen nur die melderechtliche Hauptwohnung (die auch für Kinder im Wechselmodell eingetragen werden muss) gemeint wäre. Zwar hätten die Kinder dann die Kontakte zu Personen außerhalb des Hausstands der Hauptwohnung auf ein Minimum zu beschränken. Zu diesem Minimum gehört jedoch die Wahrnehmung von Umgangskontakten (s. FAQ zum Umgang bei getrennt lebenden Eltern).
Das Verlassen der Wohnung zur Übergabe an den anderen Elternteil ist zulässig. Die Verordnungen sehen zT ausdrücklich vor, dass ein Verlassen der Wohnung zur Wahrnehmung des Sorgerechts oder Umgangsrechts im jeweiligen privaten Bereich zulässig ist (§ 14 Abs. 3d Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin vom 22.3.2020).
Ist wie in Bayern Sport und Bewegung nur alleine bzw. mit Angehörigen des eigenen Hausstands erlaubt (Ziff. 5g der bayrischen Allgemeinverfügung), erfordert dies uE, keine Einschränkungen, da das Kind zu beiden Hausständen gehört.
Natürlich sollte ergänzend auf telefonische Kontakte und /oder Video und/ oder Skype zurückgegriffen werden.