In einem Ende liegt auch immer ein neuer Anfang

Trennung! Scheidung! Tiefpunkt? Versager?

Das alles waren Schlagworte, die mir im Laufe der Zeit, nachdem sich die beste aller Mütter, Ehefrauen, Freundinnen und Hobbymitstreiterin (das alles meine ich wirklich so und ist nicht sarkastisch gemeint!) einem säuselnden, für alle Alltagsprobleme verständnisvollen, humorvollen und Blumen bringenden  neuen Superprinzen nach 23 Jahren von mir getrennt hatte und mit unseren beiden Kindern in sein Schloss ziehen wollte. Das war dann aber wohl doch etwas zu klein und sie hat sich ein eigenes gemietet.

Soweit, so schlecht für mich, dachte ich damals. Tagsüber, abgelenkt durch Jobsuche (ja, auch das kam noch hinzu, vorher Selbständig, jetzt ohne Job, ohne Einkommen [Versager…]), Wohnungssuche und anderer, blöder Sachen, die mit einer Trennung zu tun haben, kam abends mit brachialer Macht die große Ernüchterung. Kein Kinderlachen, kein Türenschlagen, keine herumliegenden Spielsachen, kein „…was sollen wir kochen, Schatz…“, kein Staubsauger im Kampf gegen die Hundehaare. Nur Stille! Tja, und das alles, außer der Stille, hat jetzt mein „lieber“ Nachfolger, der neue Superprinz!

Damit wenigstens etwas Leben in die Bude kommt, läuft im Hintergrund die Glotze oder das Radio. Wie aufregend! Und das mir! Nachdem ich eigentlich schon immer ein Familienmensch und Kinderfreak war und bin und, wenn ich darüber nachdenke, nie wirklich alleine gelebt hatte. Na ja, wirklich alleine bin auch jetzt nicht, ich habe unseren (eigentlich war es mal ihrer) alten Hund übernehmen dürfen (inklusive dem Staubsauger, der jeden Tag zur akustischen Untermalung beim Kampf gegen die Hundehaare beiträgt) aber wahrscheinlich nur deshalb, weil in der neuen Wohnung meiner Frau eigentlich keine Hunde erlaubt sind und einer (wir hatten 2, und keine Kleinen), nämlich ihrer, vom Vermieter inoffiziell geduldet wird. Kein Problem ist anscheinend, wenn ihr Freund seinen nervösen vierbeinigen Kasper mitbringt…

Eine weitere, sehr gravierende Umstellung für mich war der Umzug von ca. 360 qm Wohnfläche auf deren 84,  jetzt verteilt auf 3 Zimmer. Vorher, mitten im Land mit rundum nichts außer Natur, jetzt in einer Kleinstadt an einer Hauptverkehrsstraße. Als meine Frau auszog, waren Helferlein vom neuen Prinzen zugange, ich dagegen durfte alles alleine machen. Viele Tiefpunkte und Erinnerungen beim Kisten packen. Viele Tiefpunkte und Erinnerungen bei Spaziergängen mit meinem Hund, da es uns zwangsläufig immer zu Stationen gemeinsamer Familienaktivitäten führte.

Hochoffizielle Schreiben von ihrer Anwältin wegen ihrem Scheidungswunsch, Familiengericht wegen Unterhalt (ihr glaubt nicht, wie schnell das geht), Rentenausgleich und weiß der Geier was noch alles. Ganz toll, die Aufforderung einer Lady vom Landratsamt, ich sei verpflichtet, das finanzielle Wohl der Kinder als oberste Priorität anzusehen, dafür zu sorgen, soviel Einkommen wie möglich zu gewährleisten (sie wusste, das ich arbeitssuchend war), dafür auch im Ausland Jobs annehmen müsse und, gaaanz wichtig! mindestens 20 Bewerbungen (egal, welche?) pro Monat zu schreiben habe, um ihr nachzuweisen, das ich es mit meinen Bemühungen ernst meinte! Typisch Staatsdiener! Fernab jeglicher Realität! Trotz der Situation musste ich mal herzhaft lachen. Es ist relativ einfach, mit über 50 einen Job zu finden, wenn man keine Rücksicht auf seinen erlernten Beruf und seine Kenntnisse nehmen muss. Irgendeinen Job wird es schon geben, als Überbrückung, bis ich in meinem Beruf etwas passendes gefunden habe und wenn es nur eine Aushilfstätigkeit ist. Dachte ich!

In unserer Gesellschaft bist Du entweder ab einem gewissen Alter „überqualifiziert“, das bedeutet in der Geheimsprache der Entscheider „zu teuer“! Oder aber, für einen Job angesiedelt unter den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten: weshalb möchten Sie denn gerade diesen Job, bei Ihrer Qualifikation? Hallo, weil ich arbeiten möchte, meinen und den Unterhalt für meine Kinder verdienen möchte!!! Egal, man wird relativ schnell eines Besseren belehrt und auf den Boden der Tatsachen geholt. Tut weh, wenn man vorher seit seiner Ausbildung eigentlich nie Arbeitslos war, immer gute Jobs hatte oder in der Selbständigkeit auch meistens erfolgreich war.

Also, erst mal dumm gelaufen auf ganzer Linie, in der Zusammenfassung sah ich mich schon irgendwo unter der Brücke mit einer Flasche Fussel mein Dasein bis an mein Lebensende fristen, dadurch keinen Umgang mehr mit meinen beiden geliebten Zwergen und den neuen Prinzen in goldener Rüstung zu meiner holden Ex-Prinzessin feixend: siehste, hab ich Dir doch immer gesagt, ist doch ein Versager.

Dann kam so langsam die Wende! Zwei sehr gute Freundinnen, die das alles mitbekommen hatten, haben mich in die Mangel genommen und über ihre Geschlechtsgenossinnen aufgeklärt. Die Essenz daraus war, das Frauen eigentlich immer A….löcher wollen! Also nicht offiziell. Es ist schön, jemanden zu haben, der sich gerne um die Kinder kümmert, den Haushalt schmeißen kann, einschließlich kochen, putzen und bügeln. Und auch noch verständnisvoll nachfragt, wenn er merkt, das mit seiner Prinzessin etwas mal nicht stimmt. Auch wenn er dann das schlimmste zu hören bekommt, was eine Frau ihrem Mann in so einer Situation sagen kann: NICHTS! Es ist ist nichts! Aber so ein Exemplar bitteschön langfristig nicht als eigenen Mann. Da wird einer bevorzugt, der das Zepter (Speer) fest in der Hand hält und stetig sein Ziel fest im Auge behält (das Mammut). Der wirtschaftlich besser dasteht (das größere Mammut als alle anderen fängt). Der was zu sagen hat und die Initiative ergreift (Häuptling), am besten mit Sixpack und auch noch ein Gott im Bett. Komisch, kam mir alles aus früheren Zeiten irgendwie bekannt vor, das hatte ich doch alles schon mal gehört.

Hat mir zwar erst mal nicht viel geholfen, aber als sie beide dann noch sagten, das sich diese Phase bei den meisten Frauen eigentlich oft wiederholt, sie es jedoch eigentlich nicht wirklich zugeben wollen und lieber, bis die Kinder flügge sind, die Zähne zusammen beißen. Um dann mit wehenden Fahnen ihr altes Leben hinter sich lassen müssen, um sich in Abenteuer zu stürzen, hat das relativ schnell zu einem Umdenken geführt.

Ich habe mich einfach mal zu meiner eigenen Bestandsaufnahme aufgerafft, und die war eigentlich gar nicht so schlecht. Auf der Habenseite:

  • Alter: sehr jung, wenn ich meiner 25 jährigen Tochter glauben darf, die sagt: gut, das Du noch nicht erwachsen bist.
  • Gesundheit: alles Top! (im Gegensatz zum neuen Prinzen, der jetzt schon über Kurzatmigkeit Herzprobleme klagt, aber 10 Jahre jünger ist als ich)
  • Aussehen: laut Aussagen des anderen Geschlechtes irgendwo zwischen attraktiv und sehr attraktiv, aber das ist ja relativ.
  • Sportlich: ja, sehr gerne! Mountain Biken, Motorrad fahren, Fitness (im Gegensatz zum neuen Prinzen, eher Bauchansatz und lediglich mit einem sportlichen Mundwerk ausgestattet)
  • Hobbies: auch, außer den oben genannten, noch 15 jährige Erfahrung als Hufpfleger und 23 Jahre Erfahrung im Umgang mit Pferden. Ersteres hatte ich mir im Laufe der Zeit angeeignet, wegen zweitens der früheren Leidenschaft und heutigem Beruf meiner Ex-Prinzessin.
  • Berufsausbildung und Werdegang: seltener Beruf und jede Menge Erfahrung.
  • Und, ganz wichtig! Aufgeschlossen für alles Neue!

Auf der Sollseite:

  • Finanzielle Lage: mehr als schlecht!
  • Nächtlicher Schlaf: mehr als schlecht!
  • Selbstbewußtsein/Selbstwertgefühl: mehr als Schlecht!
  • Zukunftsängste: jede Menge!
  • Krankenversicherung: keine!

um nur die wichtigsten zu nennen!

Ich habe dann eine Gegenüberstellung und Analyse aller Punkte durchgeführt und ganz nüchtern festgestellt, das es mir tatsächlich ziemlich gut geht! Gesund, fit, gute Ausbildungen, Lebenserfahrung, tolle Hobbies! Und ich habe mir überlegt, was ich wirklich gerne machen würde!

Als ich mir dessen so richtig bewusst wurde, wuchs mein Selbstvertrauen wieder in alte Regionen. Ich bin zuerst mal zum Arbeitsamt gedackelt. Da kam die erste Abfuhr: Sperrfrist wegen blablabla. Also zur Nachbarabteilung. Da, wo es H4 gibt. In erster Linie wegen meiner Krankenversicherung. Man weiß ja nie. Aber auch, da das Kleingeld so langsam weg war und ich nicht wusste, wann und von wo wieder Nachschub hätte kommen können.  Und das alles ohne schlechtes Gefühl wegen dem blöden Amt, immerhin hatten wir bis dahin nie dem lieben Staat auf der Tasche liegen müssen.

Dies alles hatte zur Folge, das ich mich jetzt auf der Suche nach Jobs in viele Richtungen orientierten konnte, unabhängig von meiner Ausbildung, sondern einfach nur Aufgrund meiner Erfahrungen, die ich machen durfte. Ich habe zwar keine 20 Bewerbungen pro Monat geschrieben, aber auf der Suche nach Alternativen über alle Tellerränder geschaut und nur die beworben, die mich wirklich interessiert haben. Dadurch wurde ich wieder sehr selbstsicher (…Zepter in der Hand;-), hatte ein anderes Auftreten und eine andere Körpersprache (Häuptling) und meine Ziele fest vor Augen (Mammut). Aber alles mit einer anderen Gewichtung. Nicht alles um jeden Preis, nicht mehr das größere Mammut als der Nachbarhäuptling, sondern alles mit einer großen Portion Gelassenheit und Augenzwinkern. Früher musste ich jeden Monat einen fünfstelligen Betrag vor dem Komma ranschleppen. Heute, da ich alleine bin, ein vielfaches weniger. Trotz Unterhalt, den ich sehr gerne zahlen möchte und werde. Es ist erstaunlich, mit wie wenig man auskommen kann, wenn sich nur die Prioritäten ändern! Und trotzdem gehe ich auf dem Wochenmarkt einkaufen. Warum? Weil es da nicht teurer ist als im Discount oder Supermarkt. Weil man regional einkaufen kann. Weil man Leute trifft und kennen lernt. Ich fahre weiterhin Auto, aber jetzt ein Kleines. Passt zu meiner Ökoeinstellung und schont den Geldbeutel ganz beträchtlich. Durch mein Hobby der Hufpflege komme ich sehr viel rum, lerne sehr viele nette Leute kennen, erhalte Anerkennung durch meine Arbeit, habe Abwechslung, habe mit Pferden zu tun, für mich eines der tollsten Lebewesen auf unserem Planeten. Und so ganz nebenbei habe ich jeden Monat ein relativ festes Zusatzeinkommen.

Ich habe mittlerweile 3 sehr gute Bekannte und Freunde, denen es letztes Jahr ähnlich erging wie mir. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt und helfen uns weiter, wenn wir mal einen Durchhänger haben. Keiner von uns wirft die Flinte ins Korn, wir sind alle mittlerweile ähnlich gut drauf und blicken voller Zuversicht und Energie in die Zukunft. Und was das Thema Frauen betrifft, gab es da auch so Ängste: was wollen Frauen mit einem, der nichts mehr hat? Original Zitat einer Gesprächspartnerin: wenn er emotional eine Bombe ist, spielt der Rest keine Rolle! Jungs in Eurem Alter müssen sich und der Welt nichts mehr beweisen, ihr seid wie guter Wein, im Alter immer besser. Wie gesagt, das Zitat einer Frau!

Dies alles sind überaus positive Signale, die meiner Meinung nach unmittelbar mit positiver Ausstrahlung zu tun haben müssen. Und siehe da, hatte ich vorher ein dreiviertel Jahr nur Absagen, bekam ich jetzt Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Und diese sind auch noch sehr positiv ausgegangen. Für was ich mich entscheide? Mal sehen!

Was ich fast vergessen habe: ich habe wesentlich mehr Zeit für mich und meine Hobbies (der neue Prinz nicht mehr! bzw. er hat/hatte noch gar keine! Arbeit, also Mammut jagen, anschließend ermattet ab in sein Schloss oder Besuch bei Ex-Prinzessin zum verry heavy extrem couching in der Horizontalen, anschließend darf er die Woche über in seinem Schloss nächtigen, am Wochenende sind sie dafür dann alle bei ihm, wer es da wohl besser hat…?), dadurch lerne ich neue und nette Leute kennen. Ich kann mich an den Wochenenden, die ich mit meiner kleinen Tochter verbringe, viel intensiver mit ihr beschäftigen, was uns beiden sehr gefällt und gut tut! Auch für die Kontaktaufnahme mit meinem Sohn habe ich einen guten Weg gefunden, da wird es die Zeit hoffentlich die Zeit bringen.

Die Schmetterlinge im Bauch vom neuem Prinz und Ex-Prinzessin werden sich auch normalisieren, das ist einfach so (haben zumindest die beiden Freundinnen gesagt, wobei das nicht stimmen muss: ich bekomme heute noch ein flattern im Bauch, wenn ich an meine Ex-Prinzessin denke), so das der raue Alltag auch hier Einzug hält.

Ich kann Abends einfach weg gehen, wenn mir der Sinn danach steht. Auch dort lerne ich neue Leute kennen, wo man automatisch ins Gespräch kommt und sich wieder neue Perspektiven ergeben. Und genau das werde ich jetzt auch tun, erst mit meinem treuen Vierbeiner, dann mache ich einen Zug durch die Gemeinde, was ich jetzt zu Fuß tun kann. Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Spaß- und Sparfaktor.

Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, aber ich wünsche meiner Ex-Prinzessin wirklich, das sie ihr Glück gefunden hat und sie glücklich wird, vor allen Dingen, das es unseren Kindern gut geht und sie nicht mehr unter der Situation leiden müssen, als nötig!

Also ihr lieben Väter und Mütter, die ähnliches erlebt haben und noch erleben: in einem Ende liegt auch immer ein neuer Anfang. Aber der Hauptantrieb muss von jedem selbst ausgehen!

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