aus der Serie Leser fragen:
Gibt es die Möglichkeit, die Zurücknahme der Beschwerde zu widerrufen?
Kurz nach der neuen Gesetzregelung betr. Gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Väter, machte ich am 29.7.2013 den Antrag auf gemeinsames Sorgerecht für meine nichteheliche Tochter(7), die bei ihrer Mutter in Fürth lebt.
23.7.2014 wurde dieser Antrag vom FG Fürth abgelehnt, wegen
„Konflikt zwischen den Eltern“, und „Kooperationsunfähigkeit“.
25.8.2014, 27.10.2014 machte ich Beschwerde gegen diesen Beschluss, weil die Gutachterin keinen Vater-Kind-Beobachtungstermin gemacht hat.
Die Beschwerde zielte sich auf das GSR, hat mit dem Kindesumgang nichts zu tun.
4.11.2014 Anhörung beim OLG Nürnberg. Überraschenderweise befassen sich die Richter mit der Kindesumgangsfrage, die nicht beantragt war, und nicht mit der Beschwerde. Es wurde einen Umgang auf Probe vorgeschlagen, 5 Besuche mit Kind, Vater und Mutter waren bereit, das zu akzeptieren.
Dann sagten die Richter, ohne Warnung, dieser Umgang gilt nur,
wenn der Vater seine Beschwerde zurücknimmt. Im Protokoll steht:
„Anwalt des Antragstellers nimmt Antrag auf GSR zurück, Antragsteller stimmt zu„.
Auf diese Wende war ich nicht vorbereitet. Ich fühle mich vom Gericht ausgetrickst worden. Ich fühlte mich im Gerichtsaal von den Richtern massiv unter Druck gesetzt, weiß nicht mehr was ich gesagt oder nicht gesagt haben sollte, es gab keine Bedenkzeit.
Vom Anwalt bin ich schlecht vertreten worden.
Dass die Richter den Umgang mit der Zurücknahme der Beschwerde
so beknüpfen, finde ich unmoralisch.
Die Beschwerde finde ich nach wie vor, als völlig berechtigt.
Frage: Gibt es die Möglichkeit, diese angebliche Zurücknahme der Beschwerde zu widerrufen ?
Antwort von vaterlos.eu:
Hallo lieber Leser,
vielen Dank für Deine Frage. Zu Deiner Frage möchte ich Dir nur insoweit antworten, wie es mir als juristischer Laie möglich ist. Eine umfassende rechtliche Beratung kann nicht erfolgen.
Inwieweit die Antragsrücknahme eingeleitet wurde, wird das Gericht sicherlich anders bewerten. Auch die Gegenseite und Dein Anwalt werden da sicherlich eher das bestätigen, was im Protokoll steht.
Durch die Rücknahme der Beschwerde hast Du Deinen Antrag zurückgenommen. Insoweit dürfte das Protokoll richtig sein. Wenn der Anwalt vor Gericht irgendetwas sagt, dann gilt das so als ob der Mandant das gesagt hat, es sei denn, der Mandant (also DU) widerspricht SOFORT der Aussage des Anwalts.
Erklärt der Anwalt also das die Beschwerde (Dein Antrag) zurückgenommen wird, dann ist die Sache damit erledigt und das Gericht braucht kein Urteil zu fällen.
Erklärt der Anwalt das die Beschwerde zurückgenommen wird und Du hättest SOFORT widersprochen, dann wäre der Antrag nicht zurückgenommen gewesen.
Dann hätte man alternativ z.b. überlegen können, ob man das ganze unter Einräumung einer Bedenkzeit vorerst akzeptiert oder ob man bzgl. des gemeinsamen Sorgerechts eine Entscheidung des Gerichts verlangt.
Moralisch wäre ich gerne auf Deiner Seite und würde sagen, das geht doch nicht usw… Aber DOCH das ganze Verfahren läuft so.
Das der Anwalt Dich nicht gut vertreten hat, möchte ich keinesfalls abstreiten, der Fehler liegt (wie oben beschrieben) jedoch derzeit bei Dir.
Dein Verhalten war insoweit falsch, auch wenn Du das nicht gewusst hast und in diesem Moment nicht wusstest, was da vor sich ging.
Genau das ist aber die Verantwortung von uns als Väter, dort nämlich aufzupassen und mit gesundem Menschenverstand zu reagieren und im Zweifelsfall nachzufragen und zu intervenieren.
Man darf sich NICHT ausschließlich auf Anwälte verlassen. Dem Anwalt dürfte es egal sein, ob er den Prozess gewinnt oder verliert. Die Rechnung schreibt er trotzdem. Und je schneller für ihn der Fall erledigt ist, umso schneller hat er sein Geld verdient.
Ich bedaure sehr, das ich Dir so schonungslos und wenig mitfühlend die Wahrheit einschenken muss.
Ich bin mir sicher, das diese Ehrlichkeit nicht immer gut ankommt, kann jedoch nicht lügen oder den Leuten irgendwie Honig ums Maul schmieren.
Ich möchte an dieser Stelle auf die entsprechenden Rechtsvorschriften hinweisen:
http://dejure.org/gesetze/ZPO/516.html
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (genau das wurde bei Dir scheinbar gemacht, bevor ein Urteil gesprochen wurde)
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. (genau das hat Dein Anwalt „für“ DICH getan) Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. (was in Deinem Fall ja nicht notwendig war, weil es eben bei der mündlichen Verhandlung erklärt wurde)
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
Soweit also der Gesetzestext. Auch als juristischer Laie wird man wohl (ohne den kompletten Sachverhalt zu kennen) zu der Einschätzung kommen, das das Vorgehen des Anwalts insoweit gesetzeskonform war.
Das richtige Verhalten im Umgang mit dem Gericht und auch der Umgang mit dem eigenen Anwalt sollte gelernt sein.
Unsere Stellungnahme ist nicht als juristische Beratung zu verstehen, sondern lediglich als Einschätzung der Lage aus Sicht juristischer Laien. Eine Rechtsberatung kann und darf ausschließlich von Anwälten erfolgen!
Ich wünsche Dir in dieser schweren Stunde viel Kraft und Gottes Segen.
Was im Protokoll steht, ist bzw. gilt als „wahr“.
Dagegen ist nur der Beweis (!) der Protokollfälschung zulässig. Das dürfte in diesem unserem Lande wohl eher schwierig werden.